Orientierungen
Ethik ist eine Angelegenheit des Urteilens, des Beurteilens einer Angelegenheit als «richtig» oder «falsch». Und um das Beurteilen kommen wir schlechterdings nicht herum, wenn wir über die Dinge sprechen. Ethik ist natürlich auch eine Angelegenheit des Handelns, des «Machens». Aber erst in zweiter Hinsicht. Ansonsten läuft man Gefahr, den ethisch problematischen Umständen und Voraussetzungen des angeblich guten «Machens» unreflektiert aufzusitzen.
»Sich im Denken orientieren« – diesem Aufklärungsmotto Immanuel Kants ist auch die intergrative Wirtschaftsethik verpflichtet. Auf sie bezogen lautet es: »Sich im wirtschaftsethischen Denken orientieren« (Peter Ulrich). Wir orientieren uns ohnehin im Denken – aber vielleicht in einem verfehlten oder verkürzten Denken. Darum gilt es sich kritisch Klarheit zu verschaffen darüber, wie sich die Dinge grundsätzlich zueinander verhalten. Dies ist eine Frage der Ordnung der Begriffe, mit denen wir das Wirtschaften wahrnehmen und beurteilen.
Unter dem Stichwort »Orientierungen« thematisiert das MeM das grundlegende Verhältnis zwischen ethischem Vernunftanspruch (Richtigkeit, Legitimität, Verantwortbarkeit usw.) und der rein gedachten Logik des Marktes – oder kurz gefasst: das Verhältnis zwischen »Ethik« und »Wirtschaft«.
Aus der Sicht integrativer Wirtschaftsethik bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten, dieses Verhältnis zu bestimmen. Diese lassen sich als Paradigmata (Konzepte) des (impliziten oder expliziten) wirtschaftsethischen Denkens fassen. Ihre Vertreter müssen dabei nicht von »Ethik« sprechen (und sie tun dies auch eher selten), denn ethisch-normativ (statt »neutral«) ist die Thematisierung des Wirtschaftens ja ohnehin.
Die beiden der integrativen Wirtschaftsethik entgegenstehenden Paradigmata, denen typische Urteilsmuster entsprechen, sind zum einen die separatistische Wirtschaftsethik. Diese nimmt die Erscheinungsformen der Marktlogik einfach als eine »Tatsache« hin und legitimiert diese stillschweigend. Ihr entspricht ein impliziter Ökonomismus. Zum anderen ist dies der reine Ökonomismus, der die Marktlogik zum obersten Prinzip der Ethik erheben möchte.
Als Grundlagen- und Schlüsseltexte im Bereich »Orientierungen« werden empfohlen:
1. Für den leichten Einstieg
- Thielemann, U.: System Error (2009), vor allem Kapitel 5.
- Thielemann, U.: Das integrativ-ethische Paradigma der Thematisierung des Wirtschaftens (2012)
- Thielemann, U.: Weg von Gewinnmaximierung, hin zu guter Unternehmensführung (2011) - Ein ganz knapper Text, der die Eckpunkte integrativer Wirtschaftsethik fokussiert auf die Unternehmensethik skizziert.
- Thielemann, U.: Der integrative Ansatz der Unternehmensethik (2009).
- Thielemann, U.: Interview in der Sendereihe »Sternstunde Philosophie« des Schweizer Fernsehens (2009).
- Thielemann, U.: Die Krise der Marktwirtschaft als Ausgangspunkt ihrer ethischen Erneuerung (2011)
- Thielemann, U.: Marktprinzip und soziale Marktwirtschaft im Widerstreit (Vortrag, 2010).
- Thielemann, U.: Fehler im System, 3sat, Kulturzeit, 4. November 2009, 19:20.
- Thielemann, U.: »Ethik ist eine Frage der Zumutbarkeit«, Interview, Wirtschaftsblatt, 1. Februar 2010, S. 4.
- Thielemann, U.: Nachgefragt, Interview mit Maximilian J. L. Schormair, in: POLImotion (Hrsg.), Mensch und Markt. Begleitschrift zur Veranstaltungsreihe, Mannheim, Januar 2011, S. 22–26.
- Thielemann, U.: Gesprächszeit, Radio Bremen, Nordwestradio, 19. Dezember 2009.
- Gerechtigkeit in der und der Wirtschaft als Fairness. Wirtschaftsethik jenseits reiner Solidarität und bloßer Chancengleichheit, Ringvorlesung »Gerechtigkeit«, Universität Ulm, 7. Dezember 2010, Video, oder hier.
- Ethik - Was ist das eigentlich?, via europa. The multilingual review for the future managers of Europe, Nr. XII (Mai 2002), S. 6–9.
2. Für den wissenschaftlich-systematischen Einstieg
- Thielemann, U.: Markt als Prinzip, als Instrument oder als besonderes Interaktionsfeld? Die Idee der Einbettung und Begrenzung des Wettbewerbs, in: Oetsch, W. (Hrsg.) Markt! Welcher Markt? (im Erscheinen, 2015).
- Thielemann, U.: Integrative Wirtschaftsethik – Das Ganze des Wirtschaftens denken, und zwar kritisch (2014).
- Thielemann, U.: Wettbewerb als Gerechtigkeitskonzept (2010), vor allem Kapitel II; eine kürzere Fassung: Integrative Wirtschaftsethik als kritische Theorie des Wirtschaftens (2003).
3. Für die philosophisch-ethischen Hintergründe
- Thielemann, U.: Diskursethik in der Orientierungskrise (2004).
- Thielemann, U.: Was spricht gegen angewandte Ethik? (2000).
Blog
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… die selbstverschuldete ökonomische Unmündigkeit hinter sich zu lassen.«
Kategorie: Orientierungen
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