Ökonomismus
Ökonomismus ist die vermutlich letzte verbleibende Großideologie unserer Zeit. Trotz gewissen Rückschlägen seit der Finanzkrise ist der Ökonomismus nach wie vor äußerst wirkungsmächtig. Es ist der mehr oder minder ausdrückliche Versuch, das Eigeninteressestreben des Homo oeconomicus zum Moralprinzip (zum Prinzip des Richtigen) zu erheben. Es ist der Glaube, dass die »freie« (ungehemmte) Entfaltung der Marktmächte dem Wohle aller diene (Marktgläubigkeit). »Vernünftig ist, was rentiert« – so hatte Max Frisch das Motto des Ökonomismus in entlarvender Absicht auf den Punkt gebracht.
Der Ökonomismus billigt und unterstützt legitimatorisch jede Form der Ökonomisierung der Lebensverhältnisse (»ökonomischer Imperialismus«) und trägt so zur Zerstörung gemäßigter, eingebetteter Formen der Marktwirtschaft bei. Häufig ist von »Neoliberalismus« die Rede, obwohl dies nicht ganz präzise ist, da der Ökonomismus eine Ethik ohne Moral ist (er billigt ja das Prinzip Eigeninteresse), der Neoliberalismus hingegen eine moralische Pflicht kennt: nämlich sich dafür einzusetzen, dass überall Wettbewerb herrscht.
Soweit die Einträge im MeM Blog dem Themenbereich Ökonomismus zuzuweisen sind, fungiert dieser als eine Art Ökonomismuswatch: Es wird aufgezeigt, wie unser Urteilsvermögen zu vernebeln versucht wird durch die ökonomistische Uminterpretation von Werten.
Als Grundlagen- und Schlüsseltexte im Bereich »Ökonomismus« werden empfohlen:
1. Für den leichten Einstieg
- Thielemann, U.: Homo oeconomicus ist das Allerheiligste der Volkswirtschaft, in: Die Volkswirtschaft, Nr. 8-9, 2015, S. 26-28.
- Thielemann, U.: Das Ende der Marktgläubigkeit (Vortrag, 2011).
- Thielemann, U.: Der Homo oeconomicus. Eine Spezies stirbt aus (2007).
- Thielemann, U.: »Das Bild von Markt und Moral« – Integrative Wirtschaftsethik als neues Paradigma der Ökonomik, Studium Generale an der Universität Tübingen, 12. Mai 2010; Informationen zur Veranstaltung, Präsentationen, MP3 Mitschnitte der Vorlesungen (leider ohne die anschließende Diskussion zwischen mir und dem Moralökonomen Christoph Lütge).
2. Für den wissenschaftlich-systematischen Einstieg
- Thielemann, U.: Ökonomismuskritische Wirtschaftsethik – jenseits des Partikularismus des Positivismus und seines Kontraproduktivitätsparadigmas (2014).
- Thielemann, U.: Wettbewerb als Gerechtigkeitskonzept (2010); Auszugsweise: Der Wettbewerb und die «Effizienz» (2011).
- Thielemann, U.: Das Prinzip Markt (1996).
- Thielemann, U.: Ökonomik nach der Krise (2009).
- Thielemann, U./Weibler. J.: Vom Scheitern einer Ethik ohne Moral (2007).
Blog
Sachzwangdenken
Hier hatte ich in einer Antwort auf Rüdiger Bachmann knapp auf die Normativität der positivistischen Auslegung des ökonomischen bzw. ökonomistischen Kernparadigmas des vorherrschenden Ökonomik hingewiesen. Es handelt sich dabei...
Kategorie: Ökonomismus, Regulierung
Substanz bitte!
Economics is a Moral Science – Antwort auf Rüdiger Bachmann
Kategorie: Ökonomismus, Orientierungen
Das Imperium schlägt zurück
Replik auf die Rezeption des Memorandums in DIE ZEIT
Kategorie: Ökonomismus
Der ökonomische Sündenfall
In dem Beitrag im Rahmen der Serie «Ökonomie in der Krise», zu dem mich freundlicherweise Simon Schmid einlud, skizziere ich ein knapp, worin aus meiner Sicht die «Erneuerung der Ökonomie» bestehen könnte und warum ein...
Kategorie: Ökonomismus, Orientierungen
«Marktversagen» als Retter des ökonomistischen Kernparadigmas?
Ein Kommentar zu Bruno S. Frey
Kategorie: Ökonomismus
Memorandum - Medienberichterstattung
Laufende Berichterstattung hier. Repliken hier.
Kategorie: Orientierungen, Ökonomismus
«Das Ende des ökonomischen Imperialismus»
Chapeau! – Prof. Straubhaar
Kategorie: Ökonomismus, Orientierungen