07. Januar 2020
Rentabilitätsextremismus

Ulrich Thielemann
Kategorie: Unternehmensethik, Ökonomisierung

Wenn mit Gewinnmaximierung Ernst gemacht wird

 

(PDF hier. Eine gekürzte Version erschien in WiSt, Heft 9, 2020, S. 42-47 in der Rubrik «Standpunkte».)

Seit geraumer Zeit scheint eine Art Rentabilitätsextremismus um sich zu greifen:

  • Internetunternehmen wie Google haben durch die Schaffung eines komplexen Netzes von Tochtergesellschaften in verschiedenen Jurisdiktionen ihre Steuerlast auf praktisch Null gesenkt. Google Chef Eric Schmidt meinte, er sei «sehr stolz auf die Struktur, die wir aufgebaut haben» und fügt an: «Man nennt dies Kapitalismus. Wir sind stolz, kapitalistisch zu sein.» (Tagesanzeiger 2012) Präziser hätte Schmidt wohl formulieren sollen: Er ist stolz, dass das von ihm geführte Unternehmen in Sachen Steuerersparnis «kapitalistischer» agiert als zuvor.
  • Speiste sich der Gewinn als «Residualeinkommen» der Aktionäre bislang aus der Übernahme von Risiken bei Marktschwankungen, so wälzt der Einsatz sog. «Flex-Verträge» etwa bei H&M diese Risiken fast vollständig auf die Beschäftigten ab (Friedrichs 2017). 10 Stunden pro Woche Teilzeit, von denen niemand leben kann, sind sicher. Den Rest der Zeit hat man auf Abruf zur Verfügung zu stehen, mit Vorlaufzeiten von teilweise nur wenigen Stunden. Arbeitsrechtlich erlaubt sind mindestens vier Tage. Stets sitzt die Angst im Nacken, dass das Gehalt diesen Monat wieder nicht reichen könnte. Die Befristung der Arbeitsverträge lässt das Einschlagen des Rechtsweges unwahrscheinlich werden. Wer klagt, erhält keine Vertragsverlängerung. H&M erlaubte diese Praxis der Externalisierung von Risiken eine Umsatzrendite von weit überdurchschnittlichen 12,5 Prozent.
  • Bereits in den 1990er Jahren setzte bei den Banken eine «Rentabilisierung des Kreditgeschäfts» ein (vgl. Ulrich/Thielemann 2002, S. 71 ff.). Diese bestand im Kern im konsequenten Eingang des Opportunitätskostendenkens in die Kreditvergabe mit dem erklärten Ziel, den «Mehrwert für die Aktionäre» des Bankgeschäfts im Ganzen zu steigern. Dieser Wandel vom «traditionellen» zum «modernen Kreditgeschäft» (Lüscher-Marty, 2009, S. 3.11) führte zu einer Ausweitung des Investmentbankings und innerhalb des Kreditgeschäfts zu einer «Konditionenspreizung». Durch diese wurden schwächere Kreditnehmer zusätzlich geschwächt und stärkere Kreditnehmer zusätzlich gestärkt.
  • Unter Juristen wird ernsthaft debattiert, ob die Deutsche Bank, die in etwa 8000 Rechtsstreitigkeiten verwickelt ist (Libor- und Devisenmanipulationen, Betrug beim Handel mit Hypothekenanleihen, Umsatzsteuerbetrug im Rahmen des Handels mit Emissionsrechten u.v.a.m.), dafür seit 2012 insgesamt 12,7 Milliarden Euro aufgewendet und Rückstellungen für «Rechtsrisiken» in Höhe von 2,3 Milliarden Euro gebildet hat, als eine kriminelle Vereinigung zu klassieren ist (Hetzer 2015).
  • Durch hochkomplexe Formen des Dividenenstrippings (Cum-Ex, Cum-Cum) haben Vermögende mit Hilfe von Banken und Steuerexperten dem Fiskus geschätzte 32 Mrd. Euro entzogen (nicht bloß vorenthalten). Auf einem Meeting soll der Satz gefallen sein: «Wer sich nicht damit identifizieren kann, dass in Deutschland weniger Kindergärten gebaut werden, weil wir solche Geschäfte machen, der ist hier falsch.» (Ackermann/u.a., 2017)
  • In der Immobilienwirtschaft hat die «klassische ‚Grundstücksverwaltung‘»  ausgedient (alle Quellen aus Thielemann 2012). Statt die Immobilien als «Backsteine» zu begreifen, «die es zu vermieten, zu bewirtschaften oder zu optimieren» gilt, werden diese nun zu austauschbaren Instrumenten der «Maximierung der Objektrendite». Dieser sei «alles unterzuordnen». Dieser neue, finanzialisierende Blickwinkel «des Kapitalmarktes» bedeutet konkret: «Nachdem man das Objekt gekauft hat, macht man sich Gedanken, wie mehr herausgeholt werden kann als bisher.» Der bevorzugte Weg dazu, «die Werte aus den Objekten zu heben», ist die Entmietung, etwa durch für die bestehenden Mieter untragbare Luxussanierungen oder deren Verdrängung durch diverse Schikanen. Der höhere Zahlungsstrom durch höhere Mieten, die Neu- oder Altmieter durch trickreiche Handhabung und Umschiffung des Mietrechts zu entrichten haben, wird sogleich mit den avanciertesten Bewertungsmethoden diskontiert und als Kapitalwertgewinn verbucht.
  • Ein privater Klinikbetreiber steigert seinen Umsatz (vor allem durch Aufkauf von Krankenhäusern in vormals öffentlicher Trägerschaft) innerhalb von fünf Jahren um 45% (Gnirke/Hülsen/Müller 2016). Die Anzahl der Patienten erhöht sich im gleichen Zeitraum um 42%, also um 3 Prozentpunkte weniger, was auf eine leicht höhere Fallschwere und damit auf einen Zuwachs von gegenüber den Kassen abrechenbaren Fallpauschalen schließen lässt. Diese liegen allerdings unterhalb der Zielvorgaben, was zur Schließung von Abteilungen und zur Vergabe von «roten Ampeln» an die öffentlich vorgeführten und gedemütigten Chefärzte führt. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Mitarbeiter allerdings lediglich um 29%. Die Folge muss Arbeitsverdichtung sein, auf Kosten von Ärzten, Pflegekräften und Patienten. Dies führt zu diversen Brandbriefen an die Geschäftsleitung, in denen etwa von einer «massiven Überlastungssituation der Mitarbeiter und einer Gefährdung der Patienten» die Rede ist. Die Geschäftsleitung möchte das Maß der Arbeitsverdichtung fortschreiben und gewährt den Abteilungen prinzipiell «erst nach einer spürbaren Leistungssteigerung» (gemessen in Fallpauschalen) weiteres Personal. Wenig überraschend stieg im gleichen Zeitraum der Gewinn, und zwar um 64%. Die EBITDA-Marge von damals 12% sollte in den nächsten beiden Jahren um jeweils 1% gesteigert werden. Dies bedeutet, dass das Geschäftsmodell Arbeitsverdichtung progressiv fortgeschrieben werden soll.
  • Unternehmen versuchen, die ohnehin schwächeren Schutzbestimmungen des Arbeitsrechts bei der Arbeitnehmerüberlassung (Zeit- oder Leiharbeit) durch die Etablierung von Werkverträgen zu unterlaufen. Dabei soll der Anteil der Beschäftigten, die der (i.d.R. gut entlohnten) Stammbelegschaft zuzurechnen sind, minimiert und auf den Umfang derjenigen qualifikatorischen Schlüsselpositionen reduziert werden, die für den Erhalt und Ausbau der für die eigene Marktposition zentralen sog. «Kernkompetenzen» erforderlich sind (Nachtwey 2016, S. 98 ff.; Weil 2014). Das von findigen Arbeitsrechtlern entwickelte neue «Geschäftsmodell», das auch den Umgang mit den «Rechtsrisiken» von Scheinwerkverträgen umfasst, wird auf einer Konferenz von den ungläubig staunenden Personalverantwortlichen und Juristen so ziemlich aller namhaften Unternehmen begeistert aufgenommen (Bognanni/Pennekamp 2011).
  • Veranstaltungen von Arbeitsrechtlern, die das neue «Geschäftsmodell» erläutern und aufzeigen, wie dabei die «Rechtsrisiken» von Scheinwerkverträgen zu meistern sind, werden von den Personalverantwortlichen und von Juristen so ziemlich aller namhaften Unternehmen besucht (Bognanni/Pennekamp 2011).
  • Die JAB Holding der Unternehmerfamilie Reimann schickt sich an, zu einem der weltgrößten Kaffeeröster aufzusteigen (Amann/u.a. 2017). Sobald das finanzstarke Unternehmen einen Röster aufkauft, «gelten für deren Zulieferer umgehend härtere Bedingungen». So werden die Zahlungsziele deutlich verlängert, was dem Unternehmen zinslose Darlehn verschafft, mit Hilfe derer weitere Röster aufgekauft werden können. «Wer den neuen Eigentümern nicht wettbewerbsfähig erschien, wurde ausgemustert.»
  • Vieles spricht dafür, dass die beiden Abstürze der Boeing 737 Max mit insgesamt 346 Toten aufgrund technischer Programmierfehler mit der Abkehr von einer ingenieursbestimmten, also intrinsisch orientierten hin zu einer kapitalgetriebenen Unternehmens- und Führungskultur zusammenhängen. Hatte bis etwa Ender der 1990er Jahre Ingenieure das Sagen, wurde von nun an «ein möglichst hoher Börsenkurs zum Maß aller Dinge» (Deckstein/Müller 2019).

Hat die Shareholder-Value Revolution…

Offenbar gibt es seit geraumer Zeit «eine wachsende Neigung im Management, unternehmerische Ergebnisse mit Mitteln zu erzielen, die jenseits bisher allgemein akzeptierter Standards liegen» (Kaden 2007). Der gemeinsame Nenner des Einsatzes dieser ethisch zumindest fragwürdigen «Mittel» dürfte darin zu erblicken sein, dass die Unternehmen nicht einfach auf «unternehmerische Ergebnisse», also auf Gewinne, aus sind, sondern auf höchstmögliche Gewinne, fallen diese nun als Ausschüttungen oder in Form der Steigerung des «shareholder value» an oder in einer Kombination aus beidem, was «total returns» genannt wird. Die These geht dann dahin, dass die genannten Praktiken Ausdruck einer wachsenden Radikalität sind, mit der die Führungsverantwortlichen von Unternehmen Gewinne bzw. den Shareholder Value maximieren. Mit der neoliberalen Wende, die um das Jahr 1980 einsetzte,

«it became holy writ among management that the ultimate purpose of the corporation was ‚to create shareholder value‘» (Davis 2009, S. 85).

… tatsächlich erst in den 1980er Jahren stattgefunden?

Doch ist dies tatsächlich neu? Die «moderne» Unternehmung wurde von Anfang an von der ihre Entwicklung begleitenden oder diese, so die Performativitätsthese, geradezu befeuernden Wissenschaft, der Betriebswirtschaftslehre, als eine Art soziale Maschinerie zur grenzenlosen Gewinnerzielung konzeptualisiert. (Vgl. zur Performativitätsthese in vorrangig volkswirtschaftlicher Dimension Callon (1998); MacKenzie/u.a. (2007); in betriebswirtschaftlicher Dimension Deimling 2018, S. 8 f., 18.; Ferraro et al. 2005; Holst 2017.) Dass es sich so verhält, war nach der marginalistischen Revolution innerhalb der Volkswirtschaftslehre, die zur heute immer noch dominanten Neoklassik führte, ohnehin eine ausgemachte Sache – jedenfalls dann, wenn die unternehmerischen Entscheidungsträger «rational» agieren. Und so versteht ein ungenannter Chief Financial Officer die ganze Aufregung um den Shareholder Value nicht (zit. nach Faust/u.a. 2011, S. 192 f.): «Ist das wirklich eine Neuorientierung? Wir haben ja als Kaufleute alle irgendwann einmal gelernt: Das Unternehmen verfolgt das Ziel der Gewinnmaximierung. Das war schon immer so.»

Wilhelm Rieger (1929, S. 44) hielt in seiner «Privatwirtschaftslehre» fest:

«Die Unternehmung ist eine Veranstaltung zur Erzielung von Geldeinkommen – hier Gewinn genannt – durch Betätigung im Wirtschaftsleben.»

Der «Zweck der Unternehmung» könne nur der sein, «Gewinn zu erzielen, und zwar für den Unternehmer», wobei für dessen Höhe und für den Nachdruck, mit der dieser zu erzielen ist, «keine Grenze» zu ziehen sei. Alles unternehmerische Tun sei darauf gerichtet, «den geldlichen Ertrag des aufgewendeten Kapitals möglichst hoch zu gestalten» (S. 59).

Rieger wollte eine möglichst schonungslose Darstellung der für eine «kapitalistische» Marktwirtschaft konstitutiven Rolle der Unternehmung geben. Dazu gehört etwa, dass Wirtschaften «Kampf der Menschen untereinander» sei (S. 77) oder dass durch die überall betriebene «Rationalisierung» «manche ‚Werte‘ vernichtet werden» könnten (S. 71), was damit zusammenhängen dürfte, dass in der «Geldwirtschaft» «der Wert als Wirtschaftsfaktor … keine Stätte mehr» habe, da hier «ausschließlich der Preis» herrsche (S. 10). Seine «Privatwirtschaftslehre» wollte weder «der Profitsucht Vorschub leisten» (S. 56) noch eine «Kunst sein, wie man Gewinne macht» (S. 72). Dies sei derjenigen Schule der Unternehmensführungslehre vorbehalten, deren Name sich schließlich durchsetzte, der «Betriebswirtschaftslehre». Durch ihren Fokus auf die «Wirtschaftlichkeit» versuchte diese, sich vom (damals verbreiteten) «Vorwurf» der «Förderung des Profitstrebens» zu befreien (vgl. auch Schneider 1987, S. 136), nur um am Ende umso unbekümmerter genau dieser dienlich zu sein, da ihr Theoretisieren doch letztlich auf den «Ratschlag» hinauslaufe: «Suche möglichst viel zu verdienen, werde möglichst schnell reich!» (Rieger 1929, S. 59)

Und tatsächlich findet sich in Erich Gutenbergs im gleichen Jahr (1929, S. 90) erschienen Grundlagenwerk «Die Unternehmung als Gegenstand betriebswirtschaftlicher Theorie» der eher versteckte, aber letztlich maßgebliche Hinweis, dass «die Kapitaldisposition eines Unternehmens so zu regulieren» sei, dass «das Maximum an Gewinn … erreicht wird.» Das irgendwie als interessenloses «Formalziel» (Kosiol) erscheinende «Wirtschaftlichkeitsprinzip» ist nämlich, klärt uns Gutenberg (1963, S. 351 ff.) in den «Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre» (Erstauflage 1951) auf, dem «erwerbswirtschaftlichen Prinzip» «untergeordnet» bzw. mit diesem letztlich identisch. Dies gelte jedenfalls in einem «marktwirtschaftlichen System». Wovon sonst sollten wir hier sprechen? Gutenberg weiter: Die «Leistungserstellung», also all das, was eine Unternehmung betriebswirtschaftlich tut, sei nur «Mittel zum Zweck maximaler Gewinnerzielung» – «für den Unternehmer» bzw. für die Eigentümer, würde Rieger allerdings ergänzen.

Der Unterschied der alten Schule der Gewinnmaximierung zur Shareholder-Value Revolution könnte dann immerhin darin bestehen, dass es erstens nicht mehr allein «der Unternehmer» ist, dessen Kapitaleinkommen zu maximieren sei, sondern auch und vor allem der Aktionär als ein «Fremdeigentümer» (Rolf Stürner), der das Unternehmen nicht selbst leitet, sondern dafür Führungskräfte einstellt. Und zweitens darin, dass stärkeres Gewicht auf die Erhöhung einer Bestandsgröße gelegt wird, nämlich den Kapitalwert, statt allein auf die Flussgröße Gewinn, der dann entweder ausgeschüttet oder thesauriert wird, damit er inskünftig noch höher ausfällt. Darin spricht sich auch eine Radikalisierung und innerlich konsequentere Deutung des Gewinnmaximierungsprinzips aus. Aber es wäre nur eine Verfeinerung derselben, für das unternehmerische Handeln seit jeher leitenden Handlungsmaxime.

Das mit mehr als 1,5 Millionen verkauften Exemplaren bei weitem verbreitetste Einführungslehrbuch in die Unternehmensführungslehre, «der Wöhe», der als «Bibel der BWLer» gehandelt wird und nach Verlagsangaben 60 Prozent Marktanteil hält, durchzieht «das Prinzip langfristiger Gewinnmaximierung» seit seiner Erstauflage 1961 «wie ein roter Faden» (Döring 2010). Andere Lehrbücher mögen das Prinzip der «Maximierung der Eigentümerinteressen» als dem «alleinigen Auswahlprinzip» unternehmerischen Handelns (Döring) weniger offensiv vertreten. Insgesamt jedoch bildet das «Gewinnprinzip» (bzw. Gewinnmaximierung) das Identitätsprinzip «für den Mainstream betriebswirtschaftlichen Denkens» (Ulrich 2012, S. 21). Auch Matthias S. Fifka (2015, ab Min. 45:37), selbst Inhaber eines Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, hält fest:

«In der BWL ist das leitende Motiv die Profitmaximierung.»

Dies bedeute, dass «alles richtig ist, was der Profitmaximierung dient, innerhalb des gesetzlichen Rahmens.» (An Letzterem ließe sich allerdings zweifeln, wie bereits der verbreitete Begriff der «Rechtsrisiken» – die selbstredend gegen die «Chancen» von Rechtsverstößen aufzurechnen sind - verrät. Siehe etwa Deutsche Bank. Vgl. mit Blick auf den VW-Abgasskandal auch Deimling 2015.) Verbunden damit sei «die Aufforderung» an den Managementnachwuchs, «den Rahmen, das Spielfeld so auszunutzen, dass der Profit maximiert wird» (Fifka).

Was also hat sich in der jüngeren Zeit verändert? Die eine These geht dahin, dass sich lediglich die äußeren Umstände, woher diese auch immer rühren sollen, geändert haben. Die Akteure von heute, schreibt der Politikwissenschaftler und ehemalige Arbeitsminister der USA (1993-1997) Robert Reich (2007, S. 100) in seinem Buch «Superkapitalismus»,

«sind nicht gieriger als vor vierzig Jahren, doch haben sie mehr Möglichkeiten, ihre Gier auszuleben».

Gewinnmaximierung als Prozess

Dieser Sicht zufolge ist Eigennutzmaximierung im Allgemeinen und Gewinnmaximierung im Besonderen eine feste Größe und kein Prozess. Wer sich dazu entschieden hat, der maximiert eben ab morgen seinen Gewinn (oder seinen Bonus, der in der Regel an die Entwicklung des Shareholder Value gebunden ist). Und dann fällt der Gewinn so hoch aus, wie er nur ausfallen kann.

Diese Sicht versteht nicht, dass Gewinnmaximierung ein Prozess ist. Es ist nämlich der Prozess der Ausschaltung aller Wertgesichtspunkte, die der Erzielung höchstmöglicher Renditen entgegenstehen, aber im bestehenden Geschäft und im laufenden Betrieb noch präsent sind. Solange nicht die vollständige Ökonomisierung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse erreicht ist, wie immer dies vorstellbar sein soll, so die hier vertretene These, sind diese immer auch ein Stück weit, wie rudimentär auch immer, in moralische Bezüge der Sinnhaftigkeit und Legitimität «eingebettet», wie der Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi (1886-1964) gezeigt hat (vgl. aktuell Deutschmann 2015). Dies bedeutet für den Unternehmenszusammenhang, dass die unternehmerischen Entscheidungsträger zwar selbstverständlich und legitimerweise nach Gewinnen gestrebt haben, aber nicht alles daran gesetzt haben, dass die Gewinne so hoch wie möglich ausfallen.

Gewinnmaximierung ist in sich extremistisch ausgerichtet. Sie geht im übertragenden und sogar im buchstäblichen Sinne über Leichen – wenn damit «der Wert des von den Eigentümern investierten Kapitals» (Rappaport 1995, S. 4) gesteigert werden kann. Letztes ist im Großen und Ganzen selbstverständlich nicht der Fall. Und es wird den Proponenten der Maximierung des Shareholder Value auch nicht unterstellt. Es liegt aber logisch zwingend in der Konsequenz eben dieser Maximierung. Wenn man eine Option auslässt, obwohl sie das Gesamteinkommen bzw. das Vermögen eines beliebig herausgegriffenen Investors steigert, dann maximiert man eben nicht.

Langfristig statt kurzsichtig

Zur Gewinnmaximierung als Prozess gehört es in konzeptioneller Hinsicht etwa, sich darüber Klarheit zu verschaffen, was die «Langfristigkeit» für das Prinzip der Maximierung des Kapitalwerts bedeutet. Klar ist zunächst, dass man das Maximierungsziel verfehlt, wenn man bloß kurzfristig die Gewinne steigert. Denn dies ist definitionsgemäß «riskant» und führt höchstwahrscheinlich morgen zu Verlusten, die diese Gewinne übersteigen. «Kurzfristigkeit» ist nichts anderes als Kurzsichtigkeit.

Gewinnmaximierung ist in sich bereits langfristig ausgerichtet. Aber für was bzw. für wen? Natürlich für den Investor. Da das Unternehmen bzw. der Betrieb nur ein austauschbares Instrument seiner als unstillbar unterstellten Renditewünsche ist («Betriebe», so Döring, sind «Institutionen zur Maximierung der Eigentümerinteressen») bedeutet Gewinnmaximierung nicht etwa die Sicherung des dauerhaften Bestandes des Leistungserstellungsprozesses mit all seinen Stakeholderbeziehungen. Und so werden ja auch fleißig Kosten gesenkt, der «Headcount» verringert (Weinberger 2009), mit dem Ergebnis, dass der Betrieb nach der «Restrukturierung» nicht mehr derselbe ist.

Riskanter ist da die Inkaufnahme der Insolvenz eines ganzen Unternehmens. Aber auch dies ist eine lukrative Möglichkeit. (Vgl. exemplarisch für den us-amerikanischen Zeitungsmarkt O’Shea 2011, S. 265 sowie die Berichterstattung von Moll 2011.) Man muss dabei im Auge behalten, dass die Aktionäre rasch abspringen können, wenn eine riskante und kurzfristig den Shareholder Value steigernde Strategie, die sie durch Aktienkäufe und damit Stimmrechte gestützt haben, in die Insolvenz zu führen droht. Dann hat jedenfalls diese Gruppe von Hit-and-run-Aktionären ihre langfristige Gewinnbilanz maximiert. Sie mögen zwar, da sie «ihr Geld in Unternehmen mit einer stark anreizorientierten Lohnpolitik investiert» haben und es zu den «zu erwartenden Korruptionseffekten kommt», ihr «Recht auf Empörung verspielt» haben, wie Reinhard K. Sprenger meint. Was Sprenger übersieht: Diese Effekte interessieren Hit-and-Run Aktionäre aber gar nicht mehr, weil sie sich bereits aus dem Staub gemacht haben. Damit korrespondiert, dass die Haltedauer von Aktien in den letzten Dekaden massiv gesunken ist, von etwa 10 Jahren in der Nachkriegszeit bis zum Jahre 1980 auf etwa ein halbes Jahr heute, was bedeutet, dass etwa die Deutsche Bank ihre Eigentümer zwei Mal im Jahr austauscht (Windolf 2013; Bundeszentrale für politische Bildung 2017). Eine weitere Strategie zur Abwanderung stets bereiter Aktionäre besteht darin, Verluste, die den privat angeeigneten Gewinne korrespondieren, zu sozialisieren.

Gewinnmaximierung als Fiktion?

Einige Autoren halten Gewinnmaximierung für eine Fiktion. Da Gewinn- bzw. «Profitmaximierung» nicht messbar sei, möchten sich etwa Faust u.a. (2011, S. 409-412) von der «Redewendung der Profitmaximierung gänzlich verabschieden». «Kein Manager oder institutioneller Investor kann wissen, wann das Ziel erreicht ist.» Feststellbar sei allein, «ob es [das Ergebnis] mehr oder besser ist als vorher, mehr oder besser als bei anderen». Da Gewinnmaximierung mithin nicht «operationalisierbar» sei, könne es kein «instruktives Handlungsziel» abgeben. Auch die Wissenschaft könne Gewinnmaximierung nicht «empirisch beobachten», und darum sei «die These von der Umstellung» der Ausrichtung der Unternehmen von einer befriedigenden Rendite «auf Profitmaximierung … nicht überprüfbar». Es handele sich, so die Quintessenz, um einen «vollkommen leeren Begriff».

Von positivistischer Verengung sprechen wir, wenn nur zählt, was gemessen werden kann. Selbstverständlich können wir nicht messen, ob ein erzielter Gewinn der «maximale» war. Wer möchte ausschließen, dass er höher hätte ausfallen können, wenn man statt der eingeschlagenen eine andere Strategie gewählt hätte oder auch nur ein wenig anders oder noch ein wenig «konsequenter» agiert hätte. Und abgesehen davon gilt ganz allgemein, dass zu einem gegebenen Zeitpunkt aus der Menge aller Investitionen, die die Anleger dieser Welt mit ihrem frei verfügbaren Finanzkapital tätigen, nur eine einzige das «maximale» Ergebnis hervorbringt. Nach der Logik von Faust u.a. wäre nur dieser eine Investor und nur zu diesem einen Zeitpunkt ein bzw. der Gewinnmaximierer. Und selbst dies nicht, denn vielleicht hätte es eine noch lukrativere Anlage gegeben, die allerdings unerkannt geblieben ist.

Entscheidend ist ja eher die Frage, ob alle Investoren bzw. die von ihnen eingestellten Manager nach dem «maximalen» Ergebnis gestrebt und ihr Handeln entsprechend ausgerichtet haben. Gewinnmaximierung ist nicht das Erreichen des «maximalen» Ergebnisses, sondern das Streben danach, d.h. die Ausschaltung aller der Gewinnerzielung entgegenstehenden Wertgesichtspunkte. Es gibt zahlreiche aktuelle (vgl. oben) und historische (vgl. unten) Hinweise darauf, dass mit Gewinnmaximierung ernst gemacht wurde und weiterhin wird, d.h. immer konsequenter nach höheren und letztlich höchstmöglichen Gewinnen gestrebt wird. Gewinnmaximierung muss nicht «operationalisierbar» oder (als messbares Ereignis) «empirisch beobachtbar» sein, um empirisch wirksam zu sein. Und es ist abwegig zu behaupten, Gewinnmaximierung sei «unmöglich», weil man ja nie sicher sein könne, ob sich das Streben nach höchstmöglichen Gewinnen erfüllt hat. Dieses Streben ist selbstverständlich möglich, und es macht einen wesentlichen Unterschied, ob die Akteure nur noch die Rentabilität im Blick haben oder auch anderen, durchaus konfligierenden Wertgesichtspunkten um ihrer selbst willen Beachtung schenken.

Erstaunlicherweise setzten Faust u.a. Gewinnmaximierung an anderen Stellen ganz selbstverständlich als eine gegebene und hinzunehmende Handlungsorientierung voraus. Statt Gewinnmaximierung zu betreiben, würden die Unternehmen danach streben, «besser zu werden als zuvor oder besser als die anderen, die Wettbewerber» (S. 411). «Besser» mit Blick worauf? Natürlich mit Blick auf die Gewinnerzielung, den (Geschäfts-)Erfolg. Es wird kein anderer Wertgesichtspunkt ins Spiel gebracht, dem ein Eigenrecht beigemessen würde und der mit der Gewinnerzielung in Konflikt stehen könnte. Genau dies ist Gewinnmaximierung.

Die Behauptung, man könne gar nicht feststellen, ob Gewinnmaximierung vorliege, soll offenbar die tatsächliche Gewinnmaximierung vor Kritik immunisieren. Wenn es keine Gewinnmaximierung geben kann, dann kann man sie auch nicht als falsch zurückweisen – und darf mit ihr fortfahren.

Rentabilitätsextremismus als «Findigkeit»

Neoklassische Ökonomen, insbesondere solche der österreichischen Linie, fassen den Prozess der immer konsequenteren Steigerung der Rentabilität und damit der Ausschaltung aller bislang berücksichtigen rentabilitätsexternen Wertgesichtspunkte als «Findigkeit». Diese besteht darin, «bisher unbemerkte Veränderungen von Umständen» aufzuspüren und für seinen damit verbundenen Kapitaleinsatz «weit mehr zu bekommen, als es bisher möglich war» (Kirzner 1978, S. 12). Die «Findigkeit» besteht etwa darin, «unterbewertete» Unternehmen ausfindig zu machen. Diese sind nicht etwa objektiv unterbewertet, sondern dann, wenn man an den entsprechenden Stellschrauben dreht, etwa Kosten senkt und damit die Einkommen anderer reduziert.

Gemäßigtes Unternehmertum als Voraussetzung für Rentabilitätsextremismus

Aber warum haben die bisherigen Akteure diese «Gewinnchancen» nicht selbst entdeckt und ausgenutzt? Entweder wollten sie, aber ihnen fehlten – als «Underperformern» – die nötigen Fähigkeiten. Oder sie wollten nicht, weil dies ihren Vorstellungen eines moralisch einwandfreien und für sie sinnvollen und befriedigenden Wirtschaftens widersprach. Ob diese beiden Fälle unterscheidbar sind, ist gar nicht so klar. Denn Fähigkeiten lassen sich, wenn man denn will, erwerben. Die entscheidende Schranke für das Ausnutzen aller Rentabilitätschancen dürfte schlicht darin liegen, dass man nicht auf die Idee kam, konsequent in Opportunitätskosten zu denken und etwa eine Abteilung mitsamt ihren Beschäftigten als «Wertvernichter» zu klassieren, obwohl sie hohe Gewinne einfährt, aber eben weniger hohe, als an sich möglich wäre.

Die «soulful corporation» der Nachkriegswirtschaft

Es sprechen nicht nur die vorangegangenen systematischen, sondern auch historische Gründe dafür, dass Unternehmen in der Regel nicht alles zum Zwecke der Steigerung des Kapitalwertes ausnutzen, was sich ausnutzen ließe. Wirtschaftshistoriker verweisen auf die Zeit der wahrhaft Sozialen Marktwirtschaft der Nachkriegszeit, die überall innerhalb des Westens etabliert war (vgl. Thielemann 2017, 2020). Diese war nicht nur durch ein enges Geflecht von – letztlich wettbewerbsbeschränkenden  – Regulierungen geprägt (Galbraith 1952, S. 66; Mizruchi/Marshall 2016, S. 146; Reich 2007, S 28 ff.) sowie durch den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme, was in dieser Kombination zu einer breiten Teilhabe am Wohlstand führte. Tiefe Einkommen wuchsen, in genauer Umkehrung zur heutigen Situation, schneller als hohe Einkommen. Sie war auch, was eher selten thematisiert wird, durch eine andere, ein gemäßigtere Unternehmens- und Führungskultur charakterisiert. Und dabei habe beide Seiten, die individualethische wie die institutionenethische Seite, offenbar zusammengespielt und sich wechselseitig gestützt.

Das Management, befreit von direkten Zwängen der Kapitalmärkte, erlangte eine eigene Autonomie («Managerialismus») und beanspruchte, diese verantwortungsvoll zu gebrauchen (Davis 2009, S. 67 ff.). Vorstandsvorsitzende verstanden sich als «staatsmännische Unternehmensführer» (Reich 2007, S. 43, 66; Mizruchi/Marshall, 2016, S. 146; Christiansen 2015, S. 80, 88, 93), die um einen fairen Ausgleich zwischen konfligierenden Ansprüchen bemüht waren.

In Abgrenzung von der «soulless corporation» der Zeit der «Räuberbarone» und des «Finanzkapitalismus» bis zur Weltwirtschaftskrise von 1929 wurde die moderne Unternehmung ab dem in der Folge der Krise in den USA einsetzen Paradigmenwechsel des New Deal als «beseelt» begriffen (Davis 2009, S. 63). Den Begriff einer «soulful corporation» wurde von Harvard Ökonom Carl Kaysen (1920-2010) geprägt; Kaysen fungierte auch als Berater von Präsident John F. Kennedy (vgl. Christiansen 2015, S. 82 ff.). Die Unternehmung sei nicht länger ein «Agent der Eigentümer zur Steigerung ihrer Kapitalrendite». Vielmehr verstehe sich das professionalisierte, also dem Gemeinwohl verpflichtete Management (Khurana 2007, S. 8 ff.; Christansen 2015, S. 82) als gegenüber verschiedenen Anspruchsgruppen verantwortlich, Aktionäre eingeschlossen, zwischen denen ein Ausgleich zu finden sei. Darin bestehe das eigentliche Unternehmensinteresse (vgl. für Deutschland auch Thielemann/Ulrich 2009, S. 70 ff.).

Wie Kaysen und Mitarbeiter (u.a. James Tobin) an diversen Stellungnahmen von Unternehmensvertretern der unmittelbaren Nachkriegszeit belegten, hatte sich ein neues, «manageriales» Selbstverständnis herausgebildet, welches das «klassische», ökonomistisch-harmonistische Verständnis eines «rauen Individualismus», dessen egoistische Entfaltung angeblich alles zum Besten wende, überwand. Frank Abrams, damaliger Chairman Standard Oil New Jersey (heute ExxonMobil), hielt 1951 fest (zit. nach Reich 2008, S. 66):

«Die Aufgabe des Managements besteht darin, einen fairen und funktionierenden Ausgleich zwischen den Ansprüchen verschiedener, direkt betroffener Interessengruppen wie Aktionären, Beschäftigten, Kunden und der gesamten Öffentlichkeit herzustellen.» 

Eine solche managerialistische, d.h. an einem korrespondierenden Berufsethos statt allein am Shareholder Value bzw. am eigenen Bonus orientierte Vision guter Unternehmensführung skizzierten Adolf A. Berle und Gardiner C. Means (1991, S. 212 f.) bereits 1932. Die wohlverstandene Aufgabe des Managements als einem «neutralen Technokraten» bestehe darin, «eine Vielzahl von Ansprüchen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen auszugleichen und ihnen einen Anteil am Einkommensstrom zuzuweisen, und zwar auf der Basis des Gemeinwohls [public policy], nicht privater Habgier.»

Rentabilitätsfremde Gesichtspunkte im Unternehmensalltag

Zu den rentabilitätsfremden Gesichtspunkten, die die Unternehmen in gesellschaftliche Werte einbettete, zählte insbesondere die Verpflichtung, für dauerhafte Anstellungen und stabile Einkommen zu sorgen (Davis 2009, S. 64, 74). Aber es ging um mehr. Der Sinn der unternehmerischen Betätigung war im Kern ein intrinsischer, d.h. er war immer auch an der Sache der jeweiligen Leistungserstellung ausgerichtet. Der «Managementguru» Peter F. Drucker, der ebenfalls zu den «Progressiven» (Christansen) zählte und der in den Aktionären «bloß eine Anspruchsgruppe neben anderen» erblickte (1946, S. 31), wies das vergleichsweise neue Ansinnen, die Unternehmung als eine Gewinnmaximierungsmaschine zum Wohle wechselnder Aktionäre zu deuten und zu betreiben, unter anderem folgendermaßen zurück (1998):

«There’s one thing securities analysts will never understand, and that‘s business. They believe that companies make money. Companies make shoes.”

Heute werden Unternehmen allerdings vielfach tatsächlich als Gewinnmaximierungsmaschinen betrieben. Die bislang noch einigermaßen eingebetteten Unternehmen, die am Markt erfolgreich sind, aber denen Erfolg (verstanden als Shareholder Value) nicht alles ist, bieten viel Raum und zahlreiche Angriffsflächen, um rentabiliätsextremistische Aufräumarbeit zu leisten und den Unternehmen die letzten Reste an anderen Werten, die auch noch in ihnen schlummern mögen, wie Sinnhaftigkeit und moralische Verantwortlichkeit, auszutreiben.

Entthronung des Gewinns

Wenn der Renditeextremismus ein Ende haben soll, so gilt es, dem Gewinnprinzip seine falsche Verbindlichkeit zu nehmen. Konzeptionell ist dies keine schwere Übung. Denn Gewinnmaximierung ist unter gar keinen Umständen als letztes Prinzip unternehmerischer Betätigung rechtfertigungsfähig (Thielemann 2009, S. 66 ff.; Ulrich 2016, S. 450). Dies liegt nicht nur daran, dass es, konsequent verfolgt, keinerlei Berücksichtigung entgegenstehender, möglicherweise aber berechtigter Wertgesichtspunkte erlaubt, da ansonsten ja nicht alles daran gesetzt würde, dass die Kapitaleinkommen für die Aktionäre so hoch wie möglich ausfallen. Dies liegt auch daran, dass ein Gewinn- oder Nutzenmaximierer seine Interaktionspartner (Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner, betroffene Bürger usw.) nur als Mittel seiner bedingungslosen Erfolgsorientierung begreifen und behandeln muss. Sie interessieren ihn nur in ihrer Macht, sein Erfolgsstreben zu durchkreuzen oder diesem dienlich zu sein. Damit aber verletzt der Gewinnmaximierer das Moralprinzip unmittelbar und frontal. Denn dieses gebietet, seine Mitmenschen «jederzeit zugleich als Zweck» (Immanuel Kant) zu begreifen, d.h. als Wesen gleicher Würde anzuerkennen, denn sie könnten ja möglicherweise berechtigte Einwände vorbringen. Sie «bloß als Mittel zu gebrauchen» widerspricht dem Moralprinzip. Es bedürfte einer Entthronung des Gewinns.

 

Literatur

Ackermann, L./u.a. (2017): Der größte Steuerraub in der deutschen Geschichte, in: Die Zeit, 8. Juni 2017, https://www.zeit.de/2017/24/cum-ex-steuerbetrug-steuererstattungen-ermittlungen.

Amann, S./ u.a. (2017): Die Billionen-Bohne, in: Der Spiegel, Nr. 38, S. 76 ff.

Berle, A.A./Means, G.C.: The Modern Corporation and Private Property, New Brunswick 1991.

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