Warum

Die besondere Notwendigkeit der Förderung ergibt sich aus der ökonomistischen Fehlschaltung der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung:

Die an den Universitäten gelehrte Ökonomik ist überwiegend und im Kern marktgläubig geprägt. In den Wirtschaftswissenschaften (VWL und BWL) herrscht weitgehend eine ökonomistische Monokultur. Abweichende, gegenüber der Marktlogik distanzierte Positionen, die nicht von vorn herein für weitere Ökonomisierungen voreingenommen sind, sind nicht zugelassen, werden als unwissenschaftlich abgekanzelt bzw. gar nicht erst zur Kenntnis genommen.

Dieser wissenschaftlich unhaltbare Zustand ist nicht nur eine inneruniversitäre Angelegenheit, sondern hat auch für die Praxis und die Politik, also für unser aller Leben, gravierende Konsequenzen. Denn jeder, der sich professionell mit dem Wirtschaften beschäftigt, sei es auf der Ebene der Wirtschafts- oder der Unternehmenspolitik, muss mindestens partiell ein wirtschaftswissenschaftliches Studium durchlaufen haben. In diesem sind die späteren «Experten» dann, wie es Wolfgang Streeck, Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln, formuliert, einer «monokulturellen Gehirnwäsche mit standardökonomischen Rational- und Marktmodellen» ausgesetzt.

Zu diesen innerwissenschaftlichen (und schwer zu erklärenden) Kräften hinzu tritt der Ökonomisierungsdruck, dem sich die Bildungsstätten seit geraumer Zeit ausgesetzt sehen. Kritische, also moralisch autonome Reflexionen über die Grenzen der Gültigkeit der Marktlogik sind der «employability» zumindest tendenziell abträglich.

In einer durch wachsende ökonomische Verflechtungen und globale Abhängigkeiten komplexer werdenden Welt kommt der professionellen Politikberatung durch Denkfabriken eine wachsende Bedeutung zu. Man bedenke, dass Politiker in der Regel keine Ökonomen sind – und dies ist weitgehend auch gut so – und noch weniger sind sie eingestandener Maßen «Finanzmarktexperten». Wenn Denkfabriken eine wichtige «Scharnierfunktion» zwischen (Wirtschafts-)Wissenschaft und politischer Praxis bilden, so ist von daher bereits eine ökonomistische Fehlschaltung des Einflusses von Denkfabriken zumindest nahe gelegt.

Gravierender ist allerdings die Schieflage, die sich aus dem Umstand ergibt, dass die Expertisen, die Denkfabriken bieten, Geld kosten. Im Kampf der Expertisen haben daher diejenigen Denkfabriken die Nase vorn, die von besonders kapitalkräftigen Finanziers getragen werden. Daraus ergibt sich eine sachlich unangemessene und für die demokratische Meinungsbildung höchst bedenkliche Korrespondenz, die zwar nicht zwingend, aber doch sehr wahrscheinlich ist. Nämlich die zwischen der Finanzausstattung und den Finanzinteressen, denen eine Denkfabrik letztlich dient. (Dies wird durch ökonomistische Gemeinwohlsuggestionen selbstverständlich zu kaschieren versucht, da ansonsten die Politikberatung in einer einigermaßen funktionierenden Demokratie von vorn herein aussichtslos wäre.) So haben sich Abgeordnete des EU-Parlaments quer durch alle Fraktionen darüber beklagt, dass sie mit Expertisen und Anfragen aus der Finanzindustrie förmlich überschüttet werden. Mit geschätzten 300 Millionen Euro im Rücken kann die Brüsseler «Finanzlobby» hunderte von Seiten dicke und in Windeseile produzierte Expertisen aus der Portokasse finanzieren, die für die Parlamentarier verständlicher Weise schwer zu beurteilen sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte im Zuge der nach wie vor grassierenden Finanzkrise mit entwaffnender Offenheit: «Der Platz für ehrliche Ratgeber ist noch relativ unbesetzt.»