Wirtschaftsethik

Wir brauchen ein neues wirtschaftsethisches Denken, weil sich das alte als untauglich erwiesen hat. Das alte wirtschaftsethische Denken, das ist der Ökonomismus, die Marktgläubigkeit, der Glaube, dass es seine Richtigkeit hat, wenn die Marktmächte – und d. h.: die Marktmächtigen – die Welt regieren. 

Die Thematisierung des Wirtschaftens – die wissenschaftliche wie die alltägliche – war immer und ist immer schon normativ (und nicht etwa wertfrei). Ansonsten macht die Thematisierung einfach keinen Sinn. Es geht uns immer schon darum, nach dem richtigen Wirtschaften zu fragen, falsche Wirtschaftspraktiken aufzudecken oder auch die bestehenden Praktiken zu legitimieren. Die prinzipielle und pauschale Legitimation der Marktlogik, des Eigeninteressestrebens des Homo oeconomicus, des Wettbewerbs, das ist der Ökonomismus in seinen jeweiligen Varianten. Ihm entspricht auch eine Ethik, nämlich eine Apologet(h)ik. Es ist allerdings eine Ethik ohne Moral.

Da also die Ethik – im Guten wie im Schlechten – bereits im Reden, Schreiben und Denken über das Wirtschaften enthalten ist und dieses in seiner jeweiligen Art im Ganzen bestimmt, kommt es darauf an, die Normativität des Wirtschaftens ausdrücklich, methodisch-diszipliniert (statt wie üblich: wild) und ethisch reflektiert zu thematisieren. Dies ist der Grundgedanke der integrativen Wirtschaftsethik, wie er von Peter Ulrich begründet und u. a. von Ulrich Thielemann vertieft wurde. 

Dabei handelt es sich nicht um die »Anwendung« »der Ethik« auf »die Wirtschaft«, womöglich noch »unter den Bedingungen« der blind akzeptierten Marktmächte. Vielmehr geht es um die ethisch-kritische Durchdringung der menschlichen Interaktionsverhältnisse, die den Markt ausmachen, unter dem Gesichtspunkt der Fairness und des guten Lebens aller Beteiligten und Betroffenen und mit Blick auf spezifische Problembereiche unserer Zeit.